STAGE UP TeilnehmerPharmacogenetic Decision Support

Kevin, du machst mit der Idee «Pharmacogenetic Decision Support» am BBCW mit. Um was geht es bei deinem Projekt?
Viele der Auslöser von unerwünschten Arzneimittelwirkungen sind bekannt. Vor allem genetische Faktoren werden derzeit jedoch trotz existierender Evidenzen noch wenig beachtet. Unsere Gene ähneln dem Bauplan eines Hauses. Der Bauplan beeinflusst die Luftzirkulation, unsere Gene die Wirkungsweise eines Arzneistoffes. In der Fachsprache wird die Beschäftigung mit dieser Beeinflussung als Pharmakogenetik bezeichnet. Fast jeder besitzt Genvariationen, die eine Anpassung der Medikation erfordern  würden. Die Handlungsanweisungen dazu arbeiten internationale Expertengruppen in der Pharmakogenetik aus, dennoch finden diese Leitlinien kaum Anwendung.

Das Projekt «Pharmacogenetic Decision Support» soll dies ändern. Wir unterstützen die Patienten bei der Zugriffsverwaltung, der sicheren Speicherung ihrer genetischen Daten und der Interpretation der Informationen aus den Leitlinien. Damit geben wir Ihnen eine Möglichkeit, die relevanten Daten mit ihren behandelnden Ärzten zu teilen. Gesundheitsversorgern stellen wir einen einfachen pharmakogenetischen Workflow zur Verfügung, der in die bestehende Medikation integriert wird. Das zugrundeliegende Expertensystem warnt mit einer Behandlungsempfehlung, wenn die Medikation angepasst werden muss.

 

Für einen Laien hört sich dein Projekt sehr vielversprechend an und könnte einen potenziell sehr grossen Nutzen für Patienten haben. Wie kamst du auf die Idee ein Projekt in diesem Bereich umzusetzen? Was gefällt dir an diesem Bereich besonders?
Ich wollte als Bachelor-Thesis von Anfang an ein Projekt machen, dass sich für ein Spin-off eignen könnte. Bei der Suche nach einem geeigneten Thema stolperte ich über einen Fachartikel, der den Zusammenhang zwischen einer Genvariation und einem Wirkstoff behandelte. Dabei wurde mir ziemlich schnell klar, dass der Anwendungsfall wie aus dem Bilderbuch für den Einsatz von klinischer Entscheidungsunterstützung ist.

An der Medizininformatik gefällt mir besonders, dass sie sehr nahe am Patienten ist und ihr ein interdisziplinärer Charakter beiwohnt. Zusammengefasst besteht für mich die Aufgabe der Medizininformatik darin, die technischen Errungenschaften in den Arbeitsprozessen der Mediziner optimal unterzubringen, so dass diese ihr ganzes Potential entfalten können. Das macht das Arbeitsfeld natürlich sehr abwechslungsreich und auch spannend.

In meinem Projekt waren da zuerst die Genetiker, die es geschafft haben, die genetischen Informationen zu extrahieren. Die Bioinformatik/MedTech- Branche war dafür zuständig den Extraktionsprozess mit Hilfe der verschiedenen Technologien zu beschleunigen. Ganz am Ende bin nun ich als Medizininformatiker gefragt – als Schnittstelle zwischen Biomedizin/LifeScience und der angewandten Medizin.

 

Dein Projekt ist im LifeScience/MedTech-Bereich angesiedelt, in der die Wege zu einer erfolgreichen Produkteinführung sehr langwierig sein können. Was ist dein Anreiz diesen langen Weg zu bestreiten? Wie sieht die Vision hinter deiner Idee aus?
Der Anreiz besteht darin etwas für die Menschen verändern zu können, einen Unterschied zu machen. Für mich gehören diese langen Wege auch einfach mit dazu, da das «Try-and-Error-Prinzip» in der Gesundheitsbranche nun mal nicht die geeignetste Form der Produktentwicklung ist.

Meine Vision setzt sich aus drei Teilen zusammen: Ich möchte verhindern, dass Patienten unter einer ungeeigneten Behandlung leiden müssen und Leistungserbringern innovative und effiziente Workflows anbieten, mit denen sie gerne arbeiten. Zusätzlich soll das Unternehmen eine schweizerische/europäische Alternative zu den US-Technologieriesen sein, welche sich zunehmend auf den Gesundheitsmarkt fokussieren.

 

Deine Bachelorarbeit war der Startschuss fürs Projekt. Bist du nun weiterhin am Studieren oder wie sieht dein beruflicher Background heute aus?
2012 habe ich mein EFZ als Informatiker mit der Fachrichtung Applikationsentwicklung erhalten. Ich entschloss mich danach zu einem Teilzeit-Medizininformatikstudium an der Berner Fachhochschule. Während meines Teilzeitstudiums habe ich immer zu etwa 50% als wissenschaftlicher Hilfsassistent im Medizininformatik Institut der BFH gearbeitet.

Nach dem Studium im Januar 2018 habe ich diesen Anteil auf 60% erhöht und die restlichen zwei Tage der Woche für dieses Projekt verwandt. In dieser Zeit nahm ich auch an der «First Ventures» Ausschreibung der Gebert Rüf Stiftung teil. Dank der Förderung der Gebert Rüf Stiftung kann ich nun meine ganze Arbeitszeit in das Projekt investieren.

 

Zum Schluss: Du hast die ersten Workshops bereits hinter dir und bist wohl fleissig am Business Plan schreiben. Was sind jedoch deine Beweggründe zur Teilnahme am BBCW? Die Workshops, Coachings oder etwa doch das Preisgeld?
Das Preisgeld ist sicher nicht unerheblich, wichtiger sind jedoch die Workshops und das Coaching. Der Marktzugang in der Medizinbranche ist nicht nur langwierig, sondern auch kostenintensiv. Daher werde ich in Zukunft noch mehrmals einen Business Plan vorlegen müssen. Zudem hilft das Schreiben des Businessplans dabei seine Ideen nochmals aus einem anderen Blickwinkel zu sehen und weiter zu entwickeln.

Das Projekt «Pharmacogenetic Decision Support» ist ein Businessprojekt im Rahmen des Förderprogramms «First Ventures» von Gebert Rüf Stiftung und swissuniversities.