Fasziniert davon, wie junge Unternehmer aus ihren Ideen neue Produkte und Dienstleistungen formen und die Schweizer Wirtschaft damit voranbringen, spezialisierte sich Dominique Gottret, Rechtsanwalt und Partner bei Ambralaw, auf Vertrags-, Gesellschaft- und IT-Datenschutzrecht und hilft so den jungen “Startuppern” teure Fehler von Anfang an zu vermeiden. Auf was junge Unternehmer und Kreative bereits beim Prototyping achten sollten, welche Rechte und Ansprüche beim Crowdfunding herrschen und alles über die optimale rechtliche Absicherung eines Startups gibt es jetzt im Interview; ab IN’S WEEKEND MIT – BBCW-Coach Dominique Gottret!
Dominique Gottret, wovor muss ich mich als Startup aus rechtlicher Sicht am meisten fürchten und wie sieht eine optimale Absicherung für mich aus?
Angst haben muss man grundsätzlich nicht, insofern man die rechtlichen Schranken respektiert und unsere Gesetze nicht verletzt. Grundsätzlich gilt das Motto: Lieber früh einige überschaubare Kosten in die Hand nehmen, als später überteuert nachbezahlen. Sobald man seine Idee professionell, also zum Beispiel hauptberuflich ausüben möchte, rate ich dringend, sich einem rechtlichen Beistand einzuholen. Vorgängig ist es wichtig, den ausgearbeiteten Businesscase darzulegen, den Austausch mit allen involvierten Personen zu suchen und die Spielregeln sowie die Ziele, welche erreicht werden wollen, abzuklären. Dann kann ein Anwalt einen Vertrag formulieren, welcher genau auf den individuellen Fall zugeschnitten ist und der böse Überraschungen in der Zukunft möglichst gut absichert. Gerade bei Verträgen oder auch bei AGB´s ist es sehr wichtig, dass sie nicht einfach kopiert werden. Die meisten Menschen wiegen sich dadurch in der falschen Sicherheit, dass sie ausreichend geschützt sind, was aber möglicherweise nicht der Fall ist. Die Vertragsklauseln einer Grossfirma können beispielsweise für ein junges Unternehmen der gleichen Branche nicht zugeschnitten sein. Vertragsklauseln sollten also immer auf den individuellen Fall formuliert werden, denn deren Auslegung, Wirkung und Interpretation dahinter ist immer viel komplexer, als es auf dem Papier auf den ersten Blick scheinen mag. Ein guter Anwalt arbeitet nicht nur Vertragsklauseln aus, er steht auch beratend zur Seite bzw. begleitet die Unternehmer und arbeitet mit diesen zusammen an der langfristigen Strategie des Unternehmens mit. Da der Aufwand und die Kosten zu Beginn eigentlich überschaubar – zumal sie hier auch noch skalierbar und damit planbar – sind, sollte diese Investition unbedingt getätigt werden. Ich vergleiche diesen Prozess gerne mit der Gesundheit: auch hier sollte man sich früh beraten lassen und präventiv handeln – denn wenn es zu spät ist, und die Krankheit, hier also der Haftungs- oder Gerichtsfall, eingetreten ist, wird es unglaublich schwierig und teuer. Obwohl ich ansonsten die „einfach mal machen und probieren“ Mentalität in der Startup-Branche sehr schätze, rate ich bei den rechtlichen Aspekten davon ab. Gute Unternehmer kennen ihre Risiken und minimieren diese vorgängig (soweit möglich) und legen dann richtig los.
Angenommen, ich bin mir meiner Idee aber noch nicht ganz sicher und möchte zuerst meinen Prototypen testen: muss ich mir hier auch schon Gedanken um rechtliche Aspekte machen?
Unbedingt. Der Trend des Prototyping bringt auch Risiken mit sich. Sobald ich mit Drittpersonen in geschäftlich Kontakt trete, setze ich mich Haftungsrisiken aus. Auch das blosse testen eines Prototypen hebt mich nicht aus der Haftung und ich trage bereits die volle Verantwortung. Verteile ich also zum Beispiel Lebensmittel (Testprodukt) zum Probieren und jemand trägt eine Lebensmittelvergiftung davon, bin ich haftbar. Dasselbe gilt bei Maschinen oder auch bei Computerprogrammen, welche durch den Einsatz einen Schaden anrichten. Läuft etwas schief, kann ich mich auch mit der vorgängigen Erklärung, dass dies bisher nur ein Testprodukt ist, nicht aus der (juristischen) Verantwortung ziehen. Und dies gilt bei allen möglichen Produkten oder Dienstleistungen. Daher sollten sich junge Unternehmer auch schon in dieser frühen und ersten Phase absichern. Aber manchmal können einfach nicht alle Risiken eliminiert werden, eine hundertprozentige Garantie gibt es als Unternehmer nie.
Gut, ich habe mich über alles informiert und möchte nun den nächsten Schritt wagen. Dafür brauche ich Geld und dabei erscheint mir, gemäss dem derzeitigen Trend, Crowdfunding eine sichere Sache zu sein, da ich mich zu nichts wirklich verpflichte, oder?
Beim Crowdfunding geht es ja darum, mit einer konkreten Idee auf Menschen zu zugehen und diese davon so zu begeistern, dass sie bereit sind, für diesen Zweck Geld zu spenden. Wenn ich also meine Idee nach einem erfolgreichen Crowdfunding so umsetze, wie ich angeben habe, dann ist das Ganze eine sichere Sache. Crowdfunding gibt es in zahlreichen (rechtlichen) Variationen und das Verhältnis zwischen dem Geldgeber und dem „Funder“ hängt letztlich davon ab, wie weit sich die realisierte Umsetzung von der Idee entfernt. Im Grundsatz kann man sagen, dass je weiter davon abgerückt wird, desto mehr können sich die Geldgeber zur Wehr setzen. Um eine Crowdfunding-Kampagne starten zu können, müssen Ausweispapiere und manchmal auch Betreibungsauszüge hinterlegt werden. Dieses Vorgehen garantiert somit eine gewisse Transparenz. Wenn ein geschäftsmäßiger Betrug und/oder betrügerische Absichten nachgewiesen werden können, tritt – auch nach einmaligem Vergehen – unser Strafrecht in Kraft. Auch hier erkennt man gute Unternehmer, denn sie verfolgen auch mit dem Crowdfunding eine längerfristige und gute definierte Strategie. Sie haben sich mit ihrer Idee und deren Herausforderungen intensiv auseinandergesetzt. Sie kennen ihre Rechte und ihre Risiken – die Chancen für eine erfolgreiche Umsetzung ihrer Idee stehen somit gut.